KERSTIN STREMMEL | Schwarze Schafe und unholde Schwäne
Die Menschentiere auf den Fotografien von Marko Zink sprechen für sich, und wären sie nicht gerade damit beschäftigt, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, könnten sie diesen Text schreiben. Besser wäre es, denn so ist es wieder ein Mensch, der sie mit großer Sympathie und, wenn die Tiermenschen es erlauben, auf Augenhöhe betrachtet und ebenfalls darum bemüht ist, für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. (…)
Die Zeichentrickserie, die den gleichen Namen wie diese Arbeit über die Menschentiere trägt, beginnt mit etwas Optimismus: Die Tiere schwören einen „Eid zum gegenseitigen Schutz“ der besagt, dass sie einander bei der Suche nach neuem Lebensraum helfen werden und keiner den anderen frisst. Zur deutschen Fassung der Serie entstand das Lied „Gib niemals auf“: Der kitschige Text konterkariert die Erfahrungen, die die Tiere auf der Suche nach einem Zuhause machen, und wir sollten Marko Zink dankbar sein für die unsentimentale Art, mit der er das freudlose Warten an unwirtlichen Orten schildert. Auf Schießständen, an rostenden Brückengeländern und auf Bänken herrscht Einsamkeit vor, und Gefahren drohen besonders deutlich, wenn die Füchsin in ihrem weißen Kleid von Autoscheinwerfern geblendet wird. Diese Mühsal, in diesen Fotos wird sie sichtbar.
ARIANE GRABHER | Ein gut gefüllter Kühlschrank und Tiere, die anschaffen gehen
Die Präsentation für Bregenz im Künstlerhaus Palais Thurn und Taxis (22.01.2022 – 06.03.2022) aus den komplett neuen Arbeiten erweist sich als äußerst erfreuliches Wiedersehen mit und eine perfekt inszenierte Weiterentwicklung von Themen und Motiven, die sich in der einen oder anderen Form wie ein roter Faden durch das Werk des 1975 in Gaschurn im Montafon geborenen Künstlers ziehen. Sie sind alle da. Alle Motive und Habituden, die wir aus dem Repertoire von Marko Zink kennen, oder besser zu kennen glauben, und nach denen wir fast schon süchtig in seinen Werken suchen: der Wald, die Tiere, das uneindeutige Agieren zwischen Zeigen und Verstecken, das zutiefst Gekünstelte im Natürlichen, das Verharren zwischen Drama und Bubenstreich, Ungereimtheiten, die uns herausfordern. Im Lieblingswald des Fotografen, einem „verzauberten Ort“ (Zink) im niederösterreichischen Neunkirchen, der zu Zeiten Maria Theresias als Monokultur angelegt wurde und wo es immer wieder zu Waldbränden kommt, die Marko Zink seine Weltuntergangsszenarien liefern, ist auch ein Teil der allerneuesten Serie „Als die Tiere den Wald verließen“ entstanden. Darin geht der Künstler, wie so häufig sein eigenes Modell, unter Tiermasken von Hund über Hahn und Affe bis hin zum Schwan, der Frage nach, was Tiere beruflich so machen könnten, wenn ihr natürliches Habitat zerstört wird. Ihres Lebensraumes beraubt und in die Erwerbstätigkeit gezwungen, ziehen die Tiere Richtung Stadt, wo sie – ihrem animalischen Wesen verpflichtet – zu Prostituierten werden und anschaffen gehen. Die Fotografien werden eng gehängt, wodurch der Eindruck eines Films entstehen soll, der durch die Verwendung von entsprechendem Filmmaterial verstärkt wird.
AUSSTELLUNGSANSICHTEN | Galerie Michaela Stock, Österreich | Suite Franziska Hausmaninger, Österreich
AUSSTELLUNGSFOTOS | Matthias Bildstein
AUSSTELLUNGSANSICHTEN | Künstlerhaus Palais Thurn & Taxis Bregenz, Österreich
AUSSTELLUNGSFOTOS | Marko Zink